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Active Citizenship

Das Diffundieren einer europäischen Priorität auf die Handlungsebene der österreichischen Erwachsenenbildung Active Citizenship erhält auf europäischer Ebene durch Tendenzen der Radikalisierung und des politischen Extremismus zunehmende Relevanz. In Österreich wird Active Citizenship unter Heranziehung unterschiedlicher Begrifflichkeiten diskutiert, die seit Jahren Bestandteil der Erwachsenenbildung sind. Active Citizenship, Citizenship Education

Citizen Education ist eine Priorität des Education and Training 2020 Work Programme der Europäischen Kommission. Im Juni 2016 veröffentlichte die Europäische Kommission die Mitteilung „Unterstützung der Prävention von Radikalisierung, die zu extremistisch motivierter Gewalt führt“ Bezug nehmend auf die Pariser Erklärung der BildungsministerInnen der Europäischen Union zum Thema „Citizenship und europäische Werte“. Dirk Lange und Inken Heldt stellen in ihrem Kommentar zur Pariser Erklärung fest, dass darin demokratisches Bürgerbewusstsein als eine zentrale Voraussetzung zur Sicherung des Pluralismus der europäischen Gesellschaften identifiziert wird und die Stärkung der bürgerschaftlichen Kompetenzen ein zentrales Bildungsziel darstellt. Obwohl sich die Erklärung primär auf Citizen Education in Schulen bezog, erhielt auch die Diskussion im Bereich der Erwachsenenbildung einen Impuls.

 

Wording und Begriffsbildung

 

Der Begriff „Citizenship“ entspricht dem Konzept der BürgerInnenkompetenzen teilweise. Den gemeinsamen Kern bilden die demokratischen Grundwerte. Christian Kloyber betont das Gemeinsame der Idee und die Unterschiedlichkeit der Realisierung: „Die Erfahrungen und die Praxis, die hinter den Begriffen steckt, kommen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen und kulturellen Kontexten. Citizenship im angelsächsischen Raum wird anders verstanden als in Österreich, das ist auf der Basis der historischen Entwicklungen naheliegend. Dahinter stehen Traditionen der Entwicklung demokratischer Verhältnisse.“. Im österreichischen Kontext versuchte Ingolf Erler eine Definition des Konzeptes „Bürgerkompetenz“ – dessen englischsprachiges Äquivalent eigentlich „civic competencies“ ist – im Rahmen der Diskussion um die Zuordnung von politischer Bildung zum Nationalen Qualifikationsrahmen.

 

Citizenship über Kompetenzen zu definieren wird auch kritisch hinterfragt, etwa von Neil Hopkins im Interview mit dem ELM-Magazine: „I’m not sure I would use the word ‘skills’ in relation to citizenship – as a concept, citizenship – as I define and understand it – is a set of legal rights that citizens and others will attach attitudes, beliefs and values towards.“ Christian Kloyber geht ebenfalls über das Beschreiben von Kompetenzen hinaus, wenn er von Citizenship spricht: „Haltungen, Zivilcourage, Solidarität, sich beteiligen – statt beteiligt werden, Bildung – und nicht nur Ausbildung sehe ich bei der Frage nach „BürgerInnen-Kompetenzen“ im Mittelpunkt.“

 

Aus-, Fort- und Weiterbildung von TrainerInnen in der Erwachsenenbildung

 

Active Citizenship oder BürgerInnenkompetenz als Thema der Erwachsenenbildung betrifft in der Operationalisierung die Ebene der TrainerInnen. Sie sind auf der inhaltlichen Ebene und auf der Ebene der Lernsettings ebenso gefordert wie im Erwerben neuer Kompetenzen. Dazu zählt etwa die Entwicklung einer konstruktiven Streitkultur als Werkzeug, mit dem die demokratischen Grundorientierungen ständig neu ausgehandelt werden müssen (Lange und Heldt). Die selbstreflexive Positionierung gehört ebenso zu den Kompetenzen der TrainerInnen. Diskursive Positionen verschwinden nicht einfach oder werden wirkungslos, wenn sie nicht erkannt werden oder nicht offengelegt werden, hält etwa Inci Dirim im Kontext des DaZ-Unterrichts fest (Dirim 2015, S. 301).

 

Auch die Digitalisierung präsentiert sich als Einflussgröße im Entwickeln der „Active Citizenship“. Sie macht eine kompetente Vermittlung des innewohnenden politischen Potenzials durch die TrainerInnen notwendig. „Die neuen Medien machen die Welt nicht demokratischer oder undemokratischer, es hängt davon ab, wie sie genutzt werden.“, sagt der Digitalisierungsexperte David Röthler, und er betont gleichzeitig die Möglichkeiten für die BürgerInnengesellschaft: „Die Organisationsformen sind so vielfältig geworden. Eine Bürgerversammlung kann auch online stattfinden, als Videokonferenz, kann ergänzt werden durch Facebook-Gruppen. Die Vielfalt der Zugänge und Formate hat zugenommen, es werden neue Zielgruppen eingebunden, und es wird möglich, international an der politischen Bildung zu arbeiten.“

 

Implementierung in Formaten der österreichischen Erwachsenenbildung: Beispiele

 

Konkret berücksichtigt werden diese Herausforderungen etwa in den Prinzipien und Richtlinien für Basisbildungsangebote der Initiative Erwachsenenbildung. Das Beziehen von wissenskritischen Positionen wird in diesem Papier ebenso postuliert wie das Ermöglichen der Autonomie und der Selbstwirksamkeitsüberzeugung der TeilnehmerInnen sowie die systematische Reflexion der eigenen Bildungspraxis der TrainerInnen. Darüber hinaus wird in Formaten wie der Reihe „Dark Side of LLL“ die politische Wirksamkeit der Arbeit in der Erwachsenenbildung, konkret im Bereich der Basisbildung, reflektiert und mit einer internationalen Perspektive kritisch betrachtet. Auch die Veranstaltungsreihe Gemeinwesenarbeit am BIFEB bildet einen Beitrag zur kritischen Reflexion des Thema BürgerInnenkompetenz.